Vom 18. bis 26. März unternahm die Kantorei der Dreikönigskirche unter der Leitung von Professor Kurt Thomas ihre sechste und letzte Konzertreise zusammen mit dem verstärkten Collegium Musicum Professor Wilhelm Isselmann. Als Solisten wirkten mit: Ingeborg Reichelt, Sybilla Plate, Helmut Kretschmar und Erich Wenck. Zur Aufführung kamen die Johannes-Passion und vier Kantaten von Johann Sebastian Bach.
Nachdem wir am Sonntag, dem 17. März, diese Kantaten in der Dreikönigskirche aufgeführt hatten, brachten uns am Montag zwei bequeme Touring-Omnibusse nach Paris. Dort wohnten wir eine Woche lang in verschiedenen Hotels am Montmartre. Wir wurden nicht sehr strapaziert, sondern hatten im Gegensatz zu den früheren Reisen viel freie Zeit. Am Mittwoch und am Donnerstag fanden in der großen, gut besetzten Kirche Saint-Eustache unsere beiden Pariser Konzerte statt. Vor der ersten Aufführung war nachmittags eine kurze Probe, bei der der Rundfunk, der die Johannes-Passion übernahm, die Mikrophone einstellte. Am nächsten Abend sangen wir die vier Kantaten, die auch während unseres Pariser AufenthaItes auf Schallplatten aufgenommen wurden.
Der Samstag war ganz frei, so daß ein Touring-Bus einen Teil von uns nach Chartres fahren konnte, wo die herrliche Kathedrale eingehend besichtigt wurde.
Am Sonntag fuhren wir nach einem zeitigen Mittagessen nach Rouen. Dort führten wir nachmittags in der Kathedrale die Johannes-Passion auf. Wir musizierten vor vielen begeisterten Zuhörern und Professor Thomas und die Solisten mußten nachher eine Menge Autogramme geben. In dem für dieses Konzert gedruckten Programm, in dem auch Professor Thomas, die Kantorei und die Dreikönigskirche abgebildet waren, standen unter anderem die Sätze: „Eine so wertvolle Aufführung ist nichts Gewöhnliches, keine Zerstreuung, sie ist kein Kirchenkonzert. Die Johannes-Passion, wie sie Johann Sebastian Bach gestaltet hat, und wie sie der Frankfurter Chor in der Kathedrale von Rouen interpretieren wird, bedeutet eine wirklich „große Stunde“ für unsere Stadt und eine neue Belebung unserer Seele.“
Wir kehrten noch am Sonntag Abend wieder nach Paris zurück. Am nächsten Morgen wurden die Koffer für Nancy gepackt, wo wir am Nachmittag ankamen. Zuerst gab es eine kurze Probe im Saal „Poirel“, in dem wir abends die Johannes-Passion aufführten. Dann gingen wir alle ins Rathaus, wo uns im großen Empfangssaal der Magistrat der Stadt Nancy auf französisch und deutsch und mit Sekt begrüßte. Nach der französischen Begrüßungsrede des Bürgermeisters sprach ein Stadtverordneter in deutscher Sprache: „... das erste Mal sind Sie in Nancy, und schon haben Sie hier viele Bewunderer und Freunde. Jeden Sonntag können wir im Radio die von Ihnen interpretierten Werke hören. Durch Sie ist uns Bach vertrauter geworden. Mit Andacht und Bewegung hören wir ihnen zu und auch mit Dankbarkeit für Sie seIbst, für Bach und für die Musik, in der die Menschen mehr als zuvor und über alle Grenzen hinaus die Sprache finden dürfen, die ihnen die Liebe zu Frieden und Eintracht diktiert.“
Dieses Konzert wurde für das Französische Rote Kreuz gegeben, und wir waren für eine Nacht die Gäste vieler musikliebender Familien in Nancy.
Am darauffolgenden Tage fuhren wir nach Frankfurt zurück, um abends in der Dreikönigskirche als unser letztes Konzert, die Johannes-Passion aufzuführen.
Christel North.